Ich bin von einem Klienten beauftragt worden, die Zustimmung anderer Wohnungseigentümer zur Befestigung einer Videokamera am allgemeinen Teil einer Wohnhausanlage einzuholen, da die Befestigung der Videokamera nur aufgrund eines einstimmigen Beschlusses erfolgen kann. In der Folge haben die Wohnungseigentümer teilweise ihre Zustimmung nicht erteilt, weshalb ich für meinen Klienten den Antrag auf gerichtliche Ersetzung der Zustimmung gestellt habe.
Im Urteil stellte das Gericht fest, dass die Videokamera die Eingangstüre des Geschäftslokals meines Klienten zeigt, jedoch an dieser Türe der Weg zu einer Stiege in der Wohnungsanlage vorbei führt. Demnach ist es möglich, dass eine Person gegen ihren Willen von der Videokamera erfasst wird. Die Videokamera ist statisch in Richtung der Türe gerichtet. Es ist technisch möglich, die Videokamera 360° zu drehen und Aufzeichnungen damit zu machen.
Der OGH hat am 17. Dezember 2013 entschieden, dass jegliche Anbringung einer Videokamera in einer Wohnhausanlage in die Privatsphäre einer Person eingreift, wenn nach Art der Anbringung und dem äußeren Anschein diese Person einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt ist. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob die Kamera tatsächlich aufnehmen oder lediglich Echtzeitbilder übertragen kann. Dies deshalb, weil das Betreten oder Verlassen einer Wohnung durch den Mieter/Wohnungseigentümer zu seiner Privatsphäre zählt. Dies gilt auch für eine nicht erkennbare Kameraattrappe.
Im Ergebnis darf daher eine Videokamera in einer Wohnhausanlage nicht angebracht werden, wenn die Bewohner der Wohnhausanlage einem ständigem Überwachungsdruck ausgesetzt sind, selbst wenn man sich vor Einbrechern schützen will. Die Achtung des Privatbereiches und der Geheimsphäre eines Menschen gemäß § 8 EMRK sind sowohl im Mietrecht als auch im Wohnungseigentumsrecht zu beachten, sodass Wege zur Wohnhausanlage und das Stiegenhaus nicht videoüberwacht werden dürfen.